Kalla Wefel
Drei Fragen an Kalla Wefel
Was motiviert dich, jeden Tag neu loszulegen?
Eine Melange aus der Wut über gesellschaftliche Zustände und meinen Kontostand. Vor allem aber – Achtung! Jetzt kommt die über allem stehende positive Wende – die Freude darüber, dass es mich, wie alle anderen auch, aus logischer Sicht gar nicht geben kann. Und über diesen unmöglichen Zufall der eigenen Existenz freue ich mich jeden Morgen aufs Neue.
Was inspiriert dich an Osnabrück?
Angefangen vom Kindergarten über meine chaotische Schullaufbahn bis hin zu meiner Flucht 1972 aus Osnabrück nach Hamburg sind meine Erinnerungen größtenteils von negativen Erlebnissen geprägt, zumal all die lebenden NS-Ruinen noch immer in Schule, Familie und Beruf das Sagen hatten. Als ich vor zwanzig Jahren nach dreißig Jahren Hamburger Exil nach Osnabrück zurückkehrte, war zum Glück nichts mehr davon zu spüren. Osnabrück ist einfach eine tolle Stadt geworden, natürlich mit ein paar Ecken und Kanten und dem Neumarkt, aber ich finde hier alles und noch viel mehr, was ich zum kreativen Überleben benötige. Die Stadt macht es einem leicht und ich bin schon immer durch und durch Osnabrücker gewesen.
Wenn du einen Wunsch frei hättest, wie würde der lauten?
Natürlich der Weltfrieden. Wenn dann noch ein, zwei persönliche Extrawünsche blieben: Gesundheit und meiner Tochter Jule Valerie eine grandiose Zukunft als Schauspielerin und ein möglichst sorgenfreies Leben.
Welches Musikstück, Buch, Bild etc. beschreibt dich am besten?
“Der Unteran” von Heinrich Mann und eine geschenkte E-Gitarre haben mich als 13jähriger unausstehlich gemacht. Und mit “I’m not like everybody else” von den Kinks fühlte ich mich mit 14 Jahren schon damals trefflich beschrieben
Wo arbeitest du am liebsten?
Coronabedingt habe ich die Bühne längst gegen den Schreibtisch eingetauscht und bin damit wirklich sehr glücklich. Ich gebe zwar noch hin und wieder „Öko“-Vorstellungen als “Storyteller”, also mit 12-String-Gitarre, Beamer und der Erzählung schräger Anekdoten, aber auf das Tourleben selbst habe ich nach 50 Jahren schlichtweg keine Lust mehr. Ich war praktisch auf allen Bühnen Deutschlands und Österreichs und muss mir schon lange nichts mehr beweisen, was übrigens zu einer ungeahnten Tiefentspanntheit führt.
Was (oder wen) brauchst du, um zu arbeiten?
Ruhe, Kaffee und Laptop, alternativ: Lärm, Kaffee und Gitarre.
Welches Buch, Bild, Lied etc. willst du unbedingt noch schreiben, malen, komponieren etc.?
Ich werde wohl noch einige Bücher, Satiren, Kolumnen und Songs schreiben, und zwar alle „unbedingt“. In Arbeit ist seit der Diagnose vor zwei Jahren “Krebs haben immer nur die anderen …” eine Sammlung lustig-schräger Erlebnisse aus eigener Erfahrung. Ich will das Buch aber erst veröffentlichen, wenn ich als geheilt gelte, zudem verwebt sich die Handlung immer mehr mit meinen Erfahrungen als freier Radikaler im Osnabrücker Stadtrat. Aus der “Igelpost”, der Satirebeilage der “Osnabrücker Rundschau”, könnte im Laufe der Zeit ein ganzes Buch über journalistische Katastrophen entstehen. Zudem plane ich allen Ernstes die vierte und endgültig letzte Version von “Kär, Kär., Kär!”, dem meistverkaufen Buch in Osnabrück seit der Bibel und “Mein Kampf”. Diese totale Endsiegausgabe wird für Hardcorefans als Hardcover im Bibel-Look mit Goldrand und Leseband veröffentlicht, damit ich mich endlich auf Kuba oder Baltrum zur Ruhe setzen kann.